Dr. Tim Kallenborn

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Dissertationsprojekt

Regionalsprachliche Syntax. Horizontal-vertikale Variation im Moselfränkischen


Angaben zur Person

Curriculum Vitae

1983: geboren in Saarbrücken, Deutschland

2002: Abitur am Willi-Graf-Gymnasium, Saarbrücken, Deutschland

Oktober 2003 - Oktober 2008: Studium der Germanistik und der Politikwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg, Deutschland mit Abschluss Erstes Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien

Juli 2005 - Oktober 2008: Studentische Hilfskraft am Forschungszentrum für Deutsche Sprache - Deutscher Sprachatlas in Marburg und Mitarbeit in den Projekten Sammlung, Aufbereitung und Bereitstellung von Daten für die Dialektdatenbank gefärbter Standardsprache (DIGS) (Projektleitung: Prof. Dr. Jürgen Erich Schmidt und Dr. Roland Kehrein in Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt) und Digitaler Wenker-Atlas (Projektleitung: Prof. Dr. Jürgen Erich Schmidt und Prof. Dr. Joachim Herrgen)

November 2008 - August 2010: Promotionsstipendium an der Rijksuniversiteit Groningen, Niederlande (Arbeitstitel der Dissertation: Regionalsprachliche Syntax des Moselfränkischen)

Seit Oktober 2010: Universitätsassistent in Ausbildung an der Universität Wien (Institut für Germanistik) am Lehrstuhl von Prof. Dr. Alexandra N. Lenz

Themenschwerpunkte

  • Variationslinguistik
  • Dialektsyntax

Kontakt

tim.kallenborn(at)univie.ac.at


Angaben zum Dissertationsprojekt

Titel

Regionalsprachliche Syntax. Horizontal-vertikale Variation im Moselfränkischen

 

 

Nähere Beschreibung

Mein Promotionsprojekt führt zwei Trends zusammen, die sich in der rezenten Variationslinguistik beobachten lassen: Das ist zum einen die Erforschung aller vertikalen Varietäten und Sprechlagen zwischen den Polen Dialekt und Standard, die sich zumeist ausschließlich auf die phonologische Ebene konzentriert, und zum anderen die intensivierte Erforschung syntaktischer Strukturen aus variationslinguistischer Sicht, die bisher weitgehend auf den tiefsten Dialekt beschränkt geblieben ist. Mein Projekt erhebt und analysiert zum ersten Mal syntaktische Daten aus allen Varietäten und Sprechlagen einer modernen Regionalsprache und führt diese beiden Trends damit zusammen. Als Untersuchungsgebiet wurde hierzu das Moselfränkische ausgewählt, weil neuere Studien zeigen, dass dieser Dialektverband aus variationslinguistischer Sicht als hochdynamisches Sprachgebiet innerhalb des deutschen Sprachraums angesehen werden kann. Zudem liegen hier fundierte Aussagen zur phonetisch-phonologischen Variation auf der Vertikalen vor (vgl. LENZ 2003).
Die Arbeit setzt sich vor allem zwei Ziele: Zum einen sollen am Ende Aussagen über das Verhalten syntaktischer Variablen im vertikalen Variationsspektrum ermöglicht werden. Hierzu sind valide Daten aus dialektalen und standardnächsten Registern notwendig, die dann miteinander verglichen werden können. Wie in der Forschung häufig diskutiert, steht der Wissenschaftler bei der Erhebung dialektsyntaktischer Daten vor großen methodischen Problemen. Dies gilt in verschärfter Weise natürlich für die Erhebung syntaktischer Daten aus standardnäheren Sprechlagen. Um valide und quantitativ ausreichende Daten aus allen Registern erheben zu können, wurde hierzu ein multidimensionales Methodenset entwickelt, mit dessen Hilfe diese Erhebungen ermöglicht werden sollen. Das Bündel besteht aus mehreren Schritten und beinhaltet sowohl die Erhebung indirekter Daten durch eine Fragebogenerhebung, als auch die Erhebung von direkten Daten durch die Aufnahmetechniken Interview und Freundesgespräch. Außerdem werden die selektierten Phänomene auch innerhalb des Zwirner-Korpus untersucht und analysiert. Ein solch mehrdimensionaler Ansatz kompensiert die Defizite der einzelnen Erhebungsmethoden und führt zu validen und quantitativ ausreichenden Daten. Um auch Daten von wenig frequenten syntaktischen Phänomenen aus höheren Sprechlagen zu erhalten, hat sich in LENZ (2008) gezeigt, dass sich hierfür die Durchführung von Experimenten eignet. LENZ (2008) konnte mit Hilfe kurzer Videoclips bestimmte Passivvarianten bei ihren Informanten evozieren. Vergleichbare Experimente wurden im Rahmen des Projekts auch für andere syntaktische Phänomene konstruiert.
Bei den hier selektierten syntaktischen Phänomenen handelt es sich um einen Mix aus syntaktischen Phänomenen, die eine Besonderheit des moselfränkischen Dialektverbands darstellen und solchen Phänomenen, die in größeren Regionen verbreitet sind, und schließlich solchen, die im gesamten Sprachgebiet als Teil der Umgangssprache klassifiziert werden. Konkret wurden für das Dissertationsprojekt die folgenden Phänomene ausgesucht: Die unterschiedlichen Realisierungsformen von Pronominaladverbien, das sog. geben- und das Rezipientenpassiv, der possessive Dativ, die sog. tun-Periphrase, der am-Progressiv, die Wortstellung in Zwei-Verb-Clustern, die Verwendung von wo als Relativpronomen, die sog. tun-Periphrase, doppelte Perfektkonstruktionen und das Phänomen der doppelt besetzten COMP-Position.
Erste Analysen des Zwirner-Korpus weisen für das Phänomen der Pronominaladverbien darauf hin, dass die standardkonvergenten Formen hier diachron rückläufig sind, während sich die standarddivergenten Varianten ausbreiten. Ob aus diesen überraschenden Apparant-Time-Ergebnissen Rückschlüsse auf sich tatsächlich vollziehende Sprachwandelprozesse geschlossen werden können und ob sich ähnlich überraschende Ergebnisse auch bei anderen Phänomenen ergeben, muss im weiteren Verlauf des Projekts analysiert werden.

Literatur

LENZ, ALEXANDRA N. (2003): Struktur und Dynamik des Substandards. Eine Studie zum Westmitteldeuteschen (Wittlich/Eifel). Stuttgart (ZDL-Beiheft 125).

LENZ, ALEXANDRA N. (2008): Wenn einer etwas gegeben bekommt - Ergebnisse eines Sprachproduktionsexperiments zum Rezipientenpassiv. In: PATOCKA, FRANZ / SEILER, GUIDO (Hg.): Dialektale Morphologie, dialektale Syntax. Beiträge zum 2. Kongress der Internationalen Gesellschaft für Dialektologie des Deutschen, Wien, 20.-23.September 2006. Wien, 157-180.

Schlagwörter

  • Variationslinguistik
  • Dialektsyntax
  • Syntax