Jan David Zimmermann, MA
Dissertationsprojekt
Die Verräumlichung der Sprache: Mundarten zwischen Visualisierung, Repräsentation und Expansion. Deutsche Dialektologie 1913–1965. (Arbeitstitel)
Angaben zur Person
Curriculum Vitae
- 1988: Geboren in Wien
- 2003-2007: Oberstufenrealgymnasium Hegelgasse 12, 1010 Wien
- 2007-2008: Ableistung des Zivildienstes
- 2008-2012: Studium der Germanistik an der Universität Wien
- 2009-2012: Studium der Sprachkunst (Kreatives Schreiben) an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Bachelor of Arts (BA) mit Auszeichnung absolviert
- 08-09 / 2010: Sprachaufenthalt in Montpellier, Frankreich
- 01-06/ 2010: Mitgestaltung des Diplomprojekts "Raum_Schreiben" von Pia Greven, Absolventin der Bühnenbildklasse der Universität für angewandte Kunst, Wien. Diplom mit Auszeichnung
- SoSe 2013: Tutor am IFÖL (Institut für ökologischen Landbau) an der BOKU Wien; Mitgestaltung des Seminars „What the hell is Philosophy of Science? Einführung in die Wissenschaftstheorie."
- 08-09/ 2013: Sprachaufenthalt in Göteborg (Schweden)
- Seit 1.10.2013: Gastforscher am ICLTT (Institut für Corpuslinguistik und Texttechnologie) und am DINAMLEX (Institut für österreichische Dialekt-und Namenlexika ) an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Ebendort Mitarbeiter am Projekt "Das Lautdenkmal reichsdeutscher Mundarten. Rekonstruktion, Edition, Analyse." Interdisziplinäres Projekt zur Germanistik in der NS-Zeit; quellenkritische Aufarbeitung im Sinne zeitgenössischer Linguistik, Science Studies und Wissenschaftsgeschichte. In Zusammenarbeit mit dem Leiter des Projektes, Dr. Christoph Purschke (Sprachwissenschaft), Marburg/Luxemburg, in Kooperation mit dem Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas (DSA) in Marburg. Vgl. lautdenkmal.de
In diesem Rahmen auch Verfassen der Masterarbeit über Das Lautdenkmal reichsdeutscher Mundarten unter dem Titel "Das 'Lautdenkmal reichsdeutscher Mundarten zur Zeit Adolf Hitlers' in der 'Ostmark'. Geisteswissenschaftliche Gemeinschaftsforschung am Beispiel der Germanistik von 1938 bis 1945" - WiSe 2013/14: Tutor am IFÖL (Institut für ökologischen Landbau) an der BOKU Wien; Mitgestaltung und Organisation der Vortragsreihe "Überlebensmittelsphilosophie"
- 2012-2015: Masterstudium Wissenschaftsphilosophie und Wissenschaftsgeschichte (HPS - History and Philosophy of Science) an der Universität Wien, MA mit Auszeichnung absolviert
Themenschwerpunkte
- Wissenschaftsgeschichte
- Dialektologie
- Science Studies
- Wissenschaft und Politik
- Kartographiegeschichte
- Semiotik
Angaben zum Dissertationsprojekt
Titel
Die Verräumlichung der Sprache: Mundarten zwischen Visualisierung, Repräsentation und Expansion. Deutsche Dialektologie 1913–1965. (Arbeitstitel)
Nähere Beschreibung
Da die wissenschaftsgeschichtliche Beschäftigung mit der Mundartkunde, also mit der Dialektologie, sich vor allem aus der Disziplin selbst generierte oder von Historikern überwiegend universitätsgeschichtlich betrieben wurde, möchte ich nun in meiner Dissertation einen darüber hinaus führenden Ansatz proklamieren. Entgegen der verbreiteten Annahme der "tendenziell 'bilderlosen Geisteswissenschaften' "(Heßler 2006,13) geht es nämlich um die Untersuchung eines für die Dialektologie zentralen epistemischen Zusammenhangs; nämlich um die Visualisierung von Sprache und Raum, die sich in der linguistischen Expertise der Sprachkartographie und Sprachgeographie ausdrückt. Diese räumlich-kartographische Visualisierungspraktik von sprachlicher Variation ist ein Paradigma, das bis heute in der Dialektologie verbreitet ist. Daher ist die Reflexion über den Zusammenhang der Darstellungsweisen von Sprache und Raum auch für aktuelle linguistische Forschungen nicht unwesentlich. Im Zentrum meiner Untersuchung soll nun die 1913 gegründete Wiener Wörterbuchkanzlei an der ÖAW und ihre Partnerinstitutionen im deutschsprachigen Raum stehen, die sich mit den Publikationen von diversen Sprachatlanten des Deutschen und Dialektwörterbüchern hervor taten. Der Untersuchungszeitraum reicht vom Gründungsjahr der Institution bis zum sukzessiven Einzug der amerikanischen/englischsprachigen Soziolinguistik in die Dialektologie des Deutschen.
Insofern sich aber die mittlerweile hoch spezialisierte und professionalisierte Kartographiegeschichte noch nie dezidiert mit der Sprachkartographie beschäftigte, wäre die projektierte Untersuchung nicht nur wissenschaftsgeschichtlich in Bezug auf die Dialektologie interessant, sondern bietet für verschiedene andere (meta-) wissenschaftliche Disziplinen Anknüpfungspunkte. Die Dissertation soll zudem die wissenschaftlichen (sprich: theoretischen, methodischen) Inhalte mit den politischen und gesellschaftlichen Ereignissen kontextualisieren und die enge Verflechtung von Politik und Wissenschaft berücksichtigen, bzw. aufzeigen. Dies ist natürlich gerade für die Zeit des Nationalsozialismus besonders brisant, gilt aber natürlich gemeinhin auch für die Zeiten außerhalb der NS-Diktatur. Im Zusammenhang von Wissenschaft und Politik ist gerade in Bezug auf die Sprachwissenschaft der Aspekt der Sprachenpolitik von Relevanz und soll Berücksichtigung finden.
Die dialektologische Sprachkartographie besitzt neben den kartographisch konzeptualisierten und bisweilen spatial präsuppositiven – dies meint die naive Vorstellung eines objektiv gegebenen Raumes – Elementen einen weiteren wesentlichen Aspekt: nämlich eine Potenzierung von Semiotizität. Nicht nur wird/wurde die Sprache (= Zeichensystem) in seiner sprachlichen Heterogenität erforscht, sondern die sprachliche Vielfalt wurde mithilfe einer weiteren Zeichenform, der Karte – die eine Sonderform des Ikons darstellt – visualisiert. Demnach befindet sich in der ikonischen Zeichenform Karte die Diversität multipler semiotischer (dialektaler=sprachzeichlicher) Systeme, die manchmal mehr, manchmal weniger, auf politische Kontexte (Amtssprache, Sprachpolitik von Minderheiten) verwiesen.
Zusammengefasst lassen sich die Anliegen der Dissertation in vier Punkten darstellen:
1. der epistemische und epistemologische Aspekt in der Beschäftigung mit (Raum-)Theorien der Dialektologie ([wissenschaftliches] Sprachwissen).
2. die Sprachkartographie als Thema der Wissenschaftsgeschichte (im Weiteren das Plädoyer einer wissenschaftsgeschichtlichen Beschäftigung mit den Visualisierungspraktiken der vermeintlich bilderlosen Geisteswissenschaften).
3. die Frage nach den verwendeten semiotischen und sprachtheoretischen Modellen in ihrer Historizität und in ihrem (historischen) Möglichkeitshorizont.
4. die inhärente politische Dimension der jeweiligen Theorien, Semiotiken und Sprachkartographien.
Schlagwörter
- Wissenschaftsgeschichte
- Science Studies
- Linguistik
- Semiotik